Handelsjournal, Ausgabe 11/2000
Durch die Bildung eines kommunalen Netzwerkes sollen in Bielefeld illegale Graffitis endgültig aus dem Stadtbild verbannt werden.
Ein großes Ärgernis für den Handel, die Städte und Kommunen sind die vielerorts zunehmenden Graffiti-Schmierereien. Weil die Sprayer in den meisten Fällen unerkannt bleiben, müssen die Haus- und Grundstückseigentümer die Schäden alleine tragen. Bislang war die Beseitigung der Graffitis von Mauern, Fassaden und Wänden sehr kostspielig und immer mit dem Risiko weiterer Folgetaten verbunden. Deswegen blieben die Farbschmierereien der Nachwelt meist sehr lange erhalten. Jetzt ist Abhilfe in Sicht: Mit einem speziellen Anti-Graffiti-Spray soll es künftig möglich sein, selbst alte Graffitis spurenlos zu entfernen. Lassen sich Graffitis mit diesem Spezialmittel nicht ablösen, kann der alte Anstrich mit Hilfe eines neu entwickelten Farb-Scanners farbtongenau und kostengünstig rekonstruiert werden, ohne dass die gesamte Front neu gestrichen werden muss. Diese beiden tehnischen Neuerungen sind wesentliche Bestandteile eines in Bielefeld geplanten Netzwerkes gegen illegale Graffiti, zu dem sich Grundstücksbesitzer, Einzelhandelsverband, örtliche Malerhandwerker und die Stadt zusammenschließen wollen.
Ein Vorschlag des kriminalpräventiven Rates sieht die Gründung eines »Anti-Graffiti-Vereins« vor. Jeder Hausbesitzer soll dort für einen Mindest-Jahresbeitrag von 50 Mark Mitglied werden können. Wird ein neues Graffiti gemeldet, kommt künftig nach der üblichen kriminaltechnischen Untersuchung ein Beratungsteam zum Einsatz, das sich analog zum Stadtbildpflegeprojekt aus eigens für diesen Zweck geschulten Sozialhilfeempfängern zusammensetzt. Sofern das Anti-Graffiti-Spray (Dosenpreis nur 19 Mark) angewendet werden kann, wird das Graffiti sofort beseitigt. Ist dies nicht möglich, wird mit Hilfe eines Farbscanners eine neue Farbe gemischt, die genau mit dem Anstrich übereinstimmt. Damit wird das Graffiti schließlich durch einen Maler-Fachbetrieb innerhalb von maximal 48 Stunden kostengünstig überstrichen. Die schnelle Beseitigung von Graffiti dient gleichzeitig der Prävention. Denn ein Graffiti hat für den illegalen Sprayer nur dann einen Reiz, wenn es lange sichtbar und »vorzeigbar« ist.
Inhalt des Anti-Graffiti-Konzeptes der Stadt Bielefeld ist zudem die Aufforderung an den Farben führenden Handel, Farbsprays aus dem Selbstbedienungsbereich herauszunehmen, um damit den Diebstahl von Spraydosen zu erschweren. Denn, so die bisherigen Beobachtungen der Kriminalpolizei, die von wilden Sprayern verwendeten Lackdosen stammen zumeist aus Ladendiebstählen.
Die Initiatoren des Bielefelder Modells sind zuversichtlich, dass sich das Konzept erfolgreich realisieren und möglicherweise auch auf andere Städte und Kommunen übertragen lässt. Denn im Gegensatz zu bisherigen Anti-Graffiti-Konzepten, kommen wesentlich kostengünstigere Verfahren zum Einsatz, womit die Motivation zur Bildung lokaler Anti-Graffiti-Vereine deutlich höher ist.